Baraka

Die rechte Weltanschauung erlangt der Taoist indem er sich, dem Buddhisten gleich, versenkt in die Welt, aber nicht wie oft im Buddhismus, negierend, sondern stärker in die verborgene Schönheit, in die objektive Wirklichkeit. Nichts ist Trug und Verblendung, alles ist wirklich. Aber die Sichtweise ist entscheident. Dazu eine Geschichte:

Lange hatte Baraka am See gesessen. Hatte beobachtet wie die Welt an ihm vorbei strömte. Hatte den Wolken zugesehen, wie sie über ihm und, in der gläsernen Fläche des Wassers gespiegelt, unter ihm vorüberzogen. Anfangs hatte er sich über die Wellen geärgert, die der Wind in seinem brausendem Spiel auf dem Wasser jagte, doch sein Meister hatte ihn gelehrt, alles als gegeben zu betrachten.
Und so wurde er eins mit Wind und Wellen, erinnerte sich an den eigenen Wind seiner Atmung, erinnerte sich seines eigenen Fließens.
Gehe hinaus und lerne: Dein Weg ist von Hier nach Hier!
Aber was geschah mit den Wassertropfen, die vom Sprung eines Frosches hinab stürzten und sich in Kreisen in die Welt hinaus trugen, wie kamen sie zurück? Oder war hier einfach die Idee schon Rückkehr genug? War der Fluß aus der Mitte in die Welt nicht immer im gleichen Maße möglich? Aus der Mitte zum Rand und vom Rand zurück zur Mitte. Das Leben erproben, Erfahrung sammeln und dann, den Rand wieder loslassen und in seine eigene Mitte zurückkehren. Das Sterben lernen, und damit das Loslassen. Das geistige Lösen von seiner Kraft, das Abtreten an die Erben ohne Schmerz. All dies zeigte sich in der Welt. Es ist natürlich von einem Punkt hinaus zu strömen und zurück zu kehren. Auch das muß gelernt werden, ist oft viel schwieriger als das Gehen.
Er begann die Geschichte des verlorenen Sohnes zu begreifen. Dieser hatte sich ins Leben gewagt, war gescheitert und kam zurück, hatte den Mut, sich zurück zu wagen. Er wurde wieder Kind. Vom Kind zum Erwachsenen zum Wiederkind. Und doch war er ein Anderer. Er hatte bewußt seine Dortsein aufgegeben und war wieder im Dasein.
Er saß noch lange in den Tag hinein bis der Abend mit seiner Kühle von ihm Besitz nehmen wollte. Baraka erhob sich und ging zurück zu seinem Lehrer. Für heute hatte er begonnen genügend zuverstehen.



Mandala:
Alles dehnt sich,
erreicht seinen Rand
und bricht um,
fließt zurück zum
Mittelpunkt,
zum Einssein.
Der Blutstrom,
der Atem, die Blume,
die Wellen,
die Galaxien, das Leben.
Der Puls, die Welle
des Lebens.